4. Rekord: Freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung
Konstruiere einen Rekord zum Thema freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung.
Zwischenstand
Gesucht war der Rekord für freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung.
Dabei handelte es sich um Folgendes:
Eine illegale Stellung – d.i. eine Stellung, die nicht in einer Partie erspielt werden könnte1
– ist zu konstruieren, die folgende Eigenschaften aufweist:
Weiß ist am Zuge; Schwarz steht im Patt: Er könnte selbst dann nicht ziehen, wenn er am Zug wäre.
Weiß verfügt über eine Vielzahl (ein Maximum) an Zügen, die das Patt erhalten oder mattsetzen.
Er verfügt aber auch über mindestens einen Zug, der das Patt aufhebt ohne mattzusetzen.
1 Was genau mit dem Ausdruck illegale Stellung im Zusammenhang mit Einzügerrekorden
gemeint ist, scheint mir nicht vollständig ausdiskutiert zu sein. Als gesichert darf Folgendes gelten:
Märchenfiguren kommen nicht vor, Bauern auf der ersten oder achten Reihe auch nicht, denn das wären Märchenfiguren.
Die Anzahl der Figuren ist unbegrenzt, es gibt Einzügerrekorde mit 64 Figuren.
Das Spielfeld ist ein normales 8x8-Quadrat mit 64 Feldern.
Die Frage, was der letzte Zug von Schwarz gewesen sein könnte, ist irrelevant
(dieser letzte wichtige Punkt fehlte beim letzten Mal).
Weil ich fälschlich davon ausgegangen war, dass es in jeder Stellung, die für einen derartigen Rekord in Frage kommt,
einen schwarzen König geben müsse,
orientierte ich mich bei meinem Rekordversuch an folgendem älteren Stück:
Inspiration: Ludwig Zagler, mit vertauschten Farben in: feenschach 2/1973 [PDB-Nr. P1180697]
28+1 {FEN: BQQQQQBk/Q5RB/Q6Q/Q6Q/Q6Q/Q6Q/Q6Q/BQQQQQQB b - - 0 1}
275 erzwungene Zugmeidungen in illegaler Stellung
Dabei gelangte ich zu folgendem Rekord:
Vorgabe: Ludwig Zagler, mit vertauschten Farben in: feenschach 2/1973 [PDB-Nr. P1180697], Version Max Witte
27+2 {FEN: BQQQQQBk/Q5RB/Q6Q/Q6Q/Q6Q/Q6Q/pQ5Q/K1QQQQQB b - - 0 1}
262 freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung
Aber die Annahme, die Konstruktion müsse einen schwarzen König aufweisen, ist irrig!
Sie wäre nur dann richtig, wenn es unter den thematischen Zügen auch Mattsetzungen geben müsste.
Aber das ist nicht der Fall: Solche sind zugelassen, ihre Existenz ist aber nicht zwingend erforderlich.
Für Patterhaltungen in illegaler Stellung ist sowieso kein schwarzer König vonnöten.
Diese Erkenntnis ließ mich nach einer neuen Referenzstellung suchen. Ich fand die folgende (noch ältere):
In dieser Stellung gibt es nicht nur keinen schwarzen König, es gibt überhaupt keine schwarze Figur!
Da in einer solchen Stellung jeder Zug im Sinne der Zugmeidung thematisch ist,
handelt es sich hier um die erzwungene Form, die für unsere Belange nicht in Frage kommt.
Für eine eventuelle Modifikation muss mindestens ein schwarzer Stein her, und sei es ein Bauer.
Mit dieser Überlegung gelang mir – tatsächlich mit einem schwarzen Agricola solus – folgender neue Rekord:
Lösung: Nenad Petrović, The Fairy Chess Review 06/1946 [PDB-Nr. P1112271], Version Max Witte, Urdruck
27+1
274 freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung
Den zu verbessern ich schlechterdings für unmöglich halte. Aber so genau weiß das natürlich keiner ...
Termin für Verbesserungsvorschläge oder Kommentare: So., 30.4.23.
Endstand
Wäre Zaglers geharnischtes Veto2 gültig,
so hätte Nenad Petrović für das folgende Stück den Rekord verdient:
2 Cf. feenschach, Heft 11, Bd. XII, Oktober 1972, S. 399.
Er müsste ihm allerdings posthum zuerkannt werden: 1946 gab es das Thema Zugmeidungen noch gar nicht!
Wir haben uns indes dafür entschieden, Zaglers Veto für ungültig zu halten.
Ich hielt daraufhin die folgende Modifikation von Petrovićs Stück für unschlagbar:
Lösung: Nenad Petrović, The Fairy Chess Review 06/1946 [PDB-Nr. P1112271], Version Max Witte, Urdruck
27+1
274 freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung
Dann kam Christian mit folgender Konstruktion ‘rüber:
Lösung: Nenad Petrović, The Fairy Chess Review 06/1946 [PDB-Nr. P1112271], Version Christian Piesnack, Urdruck
27+1
274 freiwillige Zugmeidungen in illegaler Stellung
... und meinte dazu, es sei nicht geklärt, ob König oder Turm als ökonomischer gelteten:
„Der König könnte als ökonomischer gelten, da er maximal 8 Züge hat. Der Turm hat bis zu 14 Zugmöglichkeiten.
Für den Turm spricht, dass er gemeinhin (im orthodoxen Schach) mit 4,5 bis 5 Bauern bewertet wird
und z.B. auch geopfert werden darf. Der König wird dagegen üblicherweise mit unendlich bewertet.
Er darf nie verloren gehen, gegen nichts getauscht und für nichts geopfert werden.“3
3 Christian P. in einer E-Mail.
Recht hat er. Wir sollten mit der Vergabe der Goldmedaille noch warten,
bis die Fachleute von der Schwalbe diese knifflige Frage beantwortet haben.